8 Tipps, mit denen Du interessante NPCs erschaffst, die Deinen Spielern im Gedächtnis bleiben.

Als Spielleiter in einem Pen-and-Paper Rollenspiel wie Dungeons & Dragons spielt man nicht nur einen Charakter. Im Laufe einer Kampagne können es hunderte Typen sein, die man porträtieren muss. Oft gerät man dabei in einen gewissen Trott, der irgendwann in Langeweile mündet: Noch ein mürrischer Kneipenwirt, noch eine penible Stadtwache, noch ein jammernder Bettler am Straßenrand. Für die Spieler verschwimmen die Nichtspieler-Charaktere zu einer Kette von austauschbaren Stichwortgebern, die sie vergessen, sobald diese die Bühne wieder verlassen haben. Als Spielleiter wollen wir aber genau das Gegenteil: Die Gegner, Auftraggeber und Gefolgsleute, mit denen wir die Spieler konfrontieren, sollen im Gedächtnis bleiben. Im folgenden gebe ich Dir ein paar Tipps, wie Du genau das erreichen kannst.

1. Nicht jeder NPC muss ausgearbeitet werden.

Natürlich bringt es nichts Arbeit und Energie in jeden dahergelaufenen Kneipengast zu stecken. Eine Welt, die prall gefüllt mit exzentrischen und kauzigen Typen ist, würde sich unrealistisch anfühlen. Zudem kann ein Dauer-Theater den Spielern schnell auf die Nerven gehen. Natürlich stellt sich dann die Frage: Wer soll aus der Masse hervorstechen und wer bleibt Statist? Eine gute Faustregel ist: NPCs, die zufällig improvisiert wurden, wie Passanten und Stadtwachen, benötigen keine große Show. Wichtiger hingegen sind Nichtspieler, die eine Relevanz für die Handlung haben und/oder die bereits im Abenteuer erwähnt werden. Ein weiterer Faktor ist die Zukunft des NPCs. Hat er nur einen kurzen Auftritt oder wird er regelmäßig mit den Spielern interagieren? Ein Kneipenwirt, bei dem die Helden auf der Durchreise einkehren, ist nicht so wichtig, wie der Wirt der Stammkneipe in der Heimatstadt der Abenteurer-Gruppe. Natürlich gilt auch hier: Mach, was Dir Spaß macht! Wenn Du einen Stallburschen spielen willst, der nur in Shakespear-Reimen spricht, zögere keine Sekunde! Und wenn sich Deine Spieler gerade langweilen, kannst Du mit einem ungewöhnlichen NPC vielleicht noch den Abend retten.   

2. Investiere in die wichtigen NPCs ein bisschen Vorarbeit!

Sobald Du einen NPC identifiziert hast, den Du aus der Masse heraus heben willst, ist es sinnvoll, sich ein paar Gedanken über den Burschen zu machen, bevor die Rollenspiel-Session startet. Das bedeutet nicht, dass Du eine seitenlange Hintergrundgeschichte schreiben sollst. Genau das interessiert nämlich niemanden. Es geht darum, ein, maximal zwei, kleine Ideen zu dem Nichtspieler-Charakter zu notieren, damit Du sie während der Session vor Augen hast. Entweder machst Du Deine Notizen im Szenario oder Du pinnst sie an den Spielleiterschirm. Welche Ideen das sein können, erkläre ich in den nächsten Punkten.

3. Füge ein kleines, optisches Detail hinzu!


Suche nach einem Merkmal, das untypisch (aber nicht vollkommen abwegig) für diese Art NPC ist. Typische Ideen hierfür sind zum Beispiel:

  • Eine Elfenpriester, der eine kleine Feldflasche unter dem Wams trägt, aus der er regelmäßig einen Schluck nimmt.
  • Ein Oger-Söldner mit perfekter Frisur.
  • Eine Stadtwache, die während der Arbeit Portraits von Passanten anfertigt.

Während der Sessions sollten diese Details kurz erwähnt werden, ohne aber zu viel Raum einzunehmen. Diese Merkmale dienen in erster Linie dazu, den jeweiligen NPC besser im Gedächtnis der Spieler zu verankern. Sehr hilfreich ist es, sich eine Liste mit Details anzulegen, die man während einer Session zur Hand hat, um auch improvisierte NPCs mit Details versehen zu können. Im D&D Spielleiter Handbuch findet Ihr eine entsprechende Liste am Beginn von Kapitel 4.

4. Lass die NPCs eine Rolle spielen!

Für besonders wichtige NPCs, wie zum Beispiel wiederkehrende Auftraggeber oder Bösewichte, lohnt es sich, eine Show abzuziehen. In diesem Fall beschränkst Du Dich nicht auf ein optisches Detail, sondern fügst noch ein bemerkenswertes Verhalten hinzu. Dieses Verhalten solltest Du dann während der Session aufgreifen und, so gut Du kannst, porträtieren. Besondere Verhaltensweisen können Dialekte, Sprachfehler, bestimmte Gesten, ein bestimmter Gesichtsausdruck, oder Formulierungen sein, die der NPC übermäßig nutzt. Auch hier gilt: Mach nur, was Dir Spaß macht! Wenn Du Dich unwohl dabei fühlst, vor Deinen Spielern ein bisschen Theater zu spielen, lass es lieber sein. Auf der anderen Seite verpasst Du unter Umständen eine Chance auf eine Menge Spaß und bemerkenswertes Rollenspiel. Als Beispiele für dieses Over-the-top-Rollenspiel möchte ich Dir folgende NPCs aus unserem Verlieswelt-Podcast ans Herz legen:

5. Lass Dich inspirieren!

Natürlich ist es schwerer, neue interessante Typen zu finden, als ein paar witzige Details zuzufügen. Auch hier droht die Gefahr, dass man schnell in eine Routine gerät und dann alle Riesen denselben russischen Akzent sprechen und alle Elfen denselben hochnäsigen Gesichtsausdruck tragen. Ideen für Abwechslung holt man sich am Besten aus Filmen und Serien. Versuch Dich daran zu erinnern, welche Charaktere Du selber am interessantesten fandst. Du liebst die Performance von Marlon Brando im Paten? Dann versuch ihn zu imitieren, wenn Du das nächste mal einen alten König oder reichen Kaufmann als NPC spielen sollst. Hier ein paar weitere Vorschläge, die in meinen Kampagnen gut funktioniert haben:

  • Ein Barde, der wie Udo Lindenberg nuschelt.
  • Ein Goblin Duo, das einen Ghetto-Slang à la Erkan und Stefan benutzt (Krass Alter, Platinmünzen!).

6. Vermeide Fantasy-Klischees!

Vermeide es, zu bekannte Charaktere aus Fantasy und Science Fiction zu klonen. Goblins, die schmatzen und ständig ‘mein Schatz’ jammern, stammen aus dem Herrn der Ringe und sollten auch dort bleiben. In dem Augenblick, wo Eure Spieler diesen Rollenklau bemerken und eindeutig zuordnen, werden sie Dein Rollenspiel anhand der Vorlage beurteilen. Und dann schneidest Du naturgemäß schlecht ab, denn niemand spielt Gollum so cool wie Andy Serkis. Tabu sind ebenfalls: Darth Vader, Voldemort und Mr.Spock.

Bei allem was Du mit Deinen NPCs machst, ist eine Sache wichtig: Sorge für Abwechslung! Das Rollenspiel-Hobby leidet unter einer Überfrachtung mit billigen Klischees. Alle Elfen sind dünn, alle Zwerge trinken Bier, alle Detektive rauchen (irgendwas) und natürlich beginnen alle Abenteuer in einem Gasthaus. Durch die oben genannten Tipps kannst Du das Hobby (noch) kreativer machen und Deine Spieler überraschen. Oft reicht es aus, einen NPC genau das tun zu lassen, was man am wenigsten erwarten würde, damit er im Gedächtnis bleibt. Ein extrem gutes Beispiel dafür ist der transsexuelle Piratenkapitän, gespielt von Robert de Niro, aus dem fantastischen Film der ‘Sternenwanderer’. Dieser Trick ist übrigens nicht auf das komödiantische Thema beschränkt. Wie wäre zum Beispiel eine Bande Ghule, die nicht einfach nur Leichen aus Gräbern frisst, sondern aufwendig als Konserven einkocht und weiterverkauft? Der Ober-Ghul dieser Gang würde sich eher wie ein Gourmet-Koch verhalten, als ein Grabräuber. Schon sind wir im Horro-Genre…      

7. Geh auf Deine Spieler ein!

Natürlich musst Du beim Thema NPCs auch Deine Spieler im Auge behalten. Die Interessen von Rollenspielern gehen bekanntlich weit auseinander. Wenn Deine Gruppe vor allem auf taktische Encounter mit Miniaturen steht, sind theatralische NPCs möglicherweise fehl am Platz. Es ist immer sinnvoll, einen Blick auf die  vergangenen Sessions zu werfen, um herauszufinden, was den Spielern am Besten gefallen hat. Zu welchen NPCs sind Deine Spieler gern zurückgekehrt? An wen erinnern sie sich und wen haben sie sofort wieder vergessen?

8. Mach, was Dir Spaß macht!

Auch wenn ich diesen Punkt schon mehrmals erwähnt habe, muss er nochmal am Ende dieses Artikels stehen: Mach nur, was Dir auch wirklich Spaß macht. Pen and Paper Rollenspiele sind ein Hobby, keine Wissenschaft. Sei laut, sei albern und fall aus der Rolle. Das echte Leben ist langweilig genug.   

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